Wie der Humor Menschen in Krisen entspannen und neue Entwicklungsschritte ermöglichen kann

 

Dass Lachen eine heilende Wirkung hat, ist wissenschaftlich bewiesen. Denn Lachen stärkt unser Immunsystem, reguliert den Blutdruck, lindert Schmerzen, aktiviert und entspannt unsere Atmung und Gesichtsmuskulatur. Durch das Lachen werden Stresshormone (z.B.angestaute Aggressionen, Probleme, Ärger oder Hoffnungslosigkeit) abgebaut und Glückshormone freigesetzt, sodass sich Lebensenergie, Wohlbefinden und Kreativität steigern können. Lachen festigt und stärkt Beziehungen sowie Gemeinschaften, in denen die Menschen dann das Gefühl entwickeln, gleichwertig zu sein. Da fröhlichen Menschen mehr zugetraut wird, kann Lachen auch den beruflichen Erfolg erhöhen. Auch Komplexe, Blockaden und Unsicherheiten können durch das Lachen reduziert werden. Viktor Frankl, der jahrelang im Konzentrationslager gefangen war, sagt: „Auch der Humor ist eine Waffe der Seele im Kampf um ihre Selbsterhaltung.“Er meint also, dass selbst unter unmenschlichsten Bedingungen Humor ausgelebt werden könne und einem Menschen neue Kraft gebe. Humor sei eine Lebenseinstellung und helfe einem Menschen dabei, sich von Grausamkeiten zu distanzieren und Probleme entspannter zu betrachten. Er schlug einem Mitgefangenen im Konzentrationslager vor, täglich mindestens eine humorvolle Geschichte zu erfinden. Furman, der das Schicksal von Menschen mit schwerer Kindheit untersuchte, sagt: „ Wenn der Mensch über sein eigenes Schicksal lachen und seine Vergangenheit eher in einem komischen als tragischen Licht sehen kann, wird von ihren Fesseln befreit.“ José Amrein glaubt, dass Humor und liebevolle Direktheit vor Burn-Out nachhaltig schützen können und die Freude an Tätigkeiten und Begegnungen vergrößern. Nur mit Fingerspitzengefühl kann eine humorvolle Intervention positive Wirkung zeigen, d.h.: Einerseits respektiere ich den Gesprächspartner (kein auslachen) und dessen Probleme (z.B. In einer festgefahrenen Situation stecken) und andererseits gehe ich das Ganze mit Gelassenheit an und nehme die Probleme nicht allzu erst. Wichtig ist das „miteinander Lachen“ über die Unvollkommenheit des Lebens, sodass sich Situationen leichter entspannen können und dabei gute Laune und Zuversicht gefördert werden. Der menschliche Humor entwickelt sich erst nach der Geburt in sozialen Interaktionen. Viele Witze und humorvolle Bemerkungen beinhalten folgende Punkte, die das Schmunzeln fördern: Das Ansprechen von Tabus, Übertreibungen, spielerische Formulierungen, Überraschende Sichtweisen und Wendungen, Umkehrung des Zusammenhangs, Fantasievolle Umdeutungen. Humor und Schlagfertigkeit helfen einem Menschen, sich im Alltag selbstbewusster zu behaupten, peinliche Situationen souverän zu meistern und schwierige Kommunikationssituationen mit Spontaneität zu überwinden. Somit ist ein humorvoller, schlagfertiger Mensch besser gewappnet gegen unfaire Attacken und weiß gut, wie man jemandem den Wind aus den Segeln nehmen kann. Durch provokative und humorvolle Interventionen ist es sogar möglich, Menschen durch humorvolle Sichtweisen und liebevolles Provozieren so herauszufordern, dass sie ihr aggressives Handeln und Denken aufgeben und zu neuen Wegen bereit sind (Auf die Äußerung „Gell, ich bin ein schwieriger Fall!“ kann offen und direkt mit „Auch schwierige Fälle kann man Schritt für Schritt lösen.“ oder herausfordernd mit: „Schwierige Fälle benötigen viel Ausdauer und Kreativität. Haben Sie die?“ geantwortet werden). Die Herstellung eines guten Drahtes (Wärme/Empathie und bei Kindern sollte auch der kognitive Entwicklungsstand berücksichtigt werden) zum Gegenüber sowie eine positive Einstellung gegenüber dem Leben und den Menschen allgemein sind dabei wichtige Voraussetzungen. Lachen und Direktheit eröffnen neue, kreative Wege aus der Sackgasse und wirken somit befreiend. Durch Humor kann der Mensch die Kontrolle wiedererlangen, sodass er seine Opferhaltung aufgeben und eine aktivere Rolle einnehmen kann. Denn die Entwicklung neuer, hilfreicher Verhaltensweisen ist nur dann möglich, wenn ein Mensch an Selbstverantwortung glaubt und auch über sich selbst lachen kann.

 

(José Amrein S.32-37 im Forum Logopädie, März 2019)

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